Auf dem Grat zwischen Bürokratie und Ausbeutung

Ausgabe Nr. 2 / 2024

Der Bundesrat will die ARV revidieren. Unter anderem soll sie mit der EU-Regel ergänzt werden, wonach im grenzüberschreitenden Warenverkehr auch Lieferwagen unter die Ruhe- und Arbeitszeitverordnung gehören und demnach einen Fahrtschreiber brauchen. Das ist gut, aber es ginge noch besser – indem der Bundesrat das Wort «grenzüberschreitend» streicht, wie wir es in unserer Antwort auf den bundesrätlichen Vorschlag fordern. 3,5-Tonner mit Fahrtenschreiber? Natürlich befinden wir uns hier auf dem Grat zwischen übertriebener Bürokratie auf der einen und Ausbeutung auf der anderen Seite. Es lohnt sich aber, genau diese Gratwanderung zu gehen. Sie ist möglich, wenn die ARV-Pflicht für Lieferwagen so gestaltet wird, dass sie nicht Handwerker in ihrem Einsatzfahrzeug schikaniert, sondern jenen hilft, die heute wenig Möglichkeiten haben, ihre überlangen und pausenfreien Arbeits- und Fahrzeiten nachzuweisen. Bei aller Vorsicht, nicht in die Falle der Sippenverurteilung zu treten, darf gesagt sein, dass insbesondere in Paketdienstleistern der Wurm der Ausbeutung steckt. Eine allzu liberale und antibürokratische Politik nährt ihn, fördert gesundheitliche und soziale Probleme und gefährdet die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Um diese geht es auch bei einer zweiten Angelegenheit, die der Bundesrat erledigen will und deshalb in die Vernehmlassung geschickt hat: Das sich stufenweise entwickelnde automatisierte Fahren braucht ein Regelwerk, damit auch die stärker automatisierten Stufen eingeführt werden können. Wir haben einiges am bundesrätlichen Vorschlag zu bemängeln. Unter anderem sind uns das Handeln und die Verantwortung bei einem Unfall zu schwammig definiert. Über beide Angelegenheiten schreiben wir in dieser SWISS CAMION-Ausgabe. Während sie produziert wurde, ist auch unser neuer Internetauftritt entstanden. Les Routiers Suisses und SWISS CAMION rücken damit auch im Netz inhaltlich und optisch wesentlich näher zusammen. Die Website www.routiers.ch wird damit das Tor zur Transportwelt in all seinen Facetten – mit dem Fokus auf den Chauffeurberuf. Viel Spass also beim Blättern oder Scrollen, auf jeden Fall beim Lesen unserer Lektüre.

Daniel von Känel, Chefredaktor