Ausgabe Nr. 11/2020

Kreative Transportlösungen ohne LSVA Auf 40 km/h begrenzter Lastwagen, oben links, oder mit grünen Nummern, oben rechts;Anhänger, die für andere als landwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden (grosses Foto und Fotos unten). Fotos:David Piras Unsere Gesetzgebung lässt einigen Spielraum für den Einsatz von 45 km/h-Fahr- zeugen. Traktoren und Lastwagen können ohne LSVA, ARV, Fahrtenschreiber und Transportlizenz, dafür mit einem vereinfachten Führerschein Kategorie F gefahren werden. Die kreativen Ideen kommen aus dem landwirtschaftlichenTransport, könn- ten aber auch in der Citylogistik einschlagen. 2 CAMION 11/2020 M an könnte die Nerven verlieren. Die- sen Herbst im Thurgau: Es bildet sich eine Fahrzeugkolonne, die mit rund 40 bi 50 km/h unterwegs ist. Die Kolonne hält sich durch mehrere Dörfer und auch ausserorts ändert sich nichts. An der Spitze ist ein Trak- tor mit Überlandanhänger mit Schiebeplane, eingelöst in Zürich. Aber auch anderswo sind solche Vehikel unterwegs, kilometerweit auf Langstrecken. Aufgrund der Breite und des Verkehrsaufkommens kann nicht überholt werden. Lohnt sich das? Früher waren Traktoren für den landwirt- schaftlichen Transport zwischen Feld und Hof genutzt. Sie waren nur kurz auf Hauptstrassen und haben höchstens zu kurzen Behinderun- gen geführt. Die Geschwindigkeit und die Motorleistungen waren geringer, sie konnten sogar überholt werden. Heute haben diese Gefährte auch mal weit über 300PS. Damit werden sie an Steigungen nicht langsamer und beschleunigen auch nach einem Kreisel recht zügig. Zudem sind manche eher 2,75m breit, erkennbar an der braunen Nummer. Mit der grünen Nummer dürfen die Fahrzeu- ge in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Dazu gehören auch Lieferungen von land- wirtschaftlichen Produkten oder Kies aus der eigenen Kiesgrube bis zum ersten Abnehmer von Produkten oder die Zufuhr von Produkten, die für den Landwirtschaftsbetrieb benötigt werden – unabhängig der Distanz. Mit einem dreiachsigen Anhänger lassen sich legal 18 bis 20t Zuladung realisieren. Wer als Landwirt eine kleine Kiesgrube oder Bauleistungen im Nebenerwerb anbietet, bringt Stimmung ins Baugewerbe. Löchrige Regeln Mit der weissen Nummer dürfen damit ganz legal auch alle Transporte ausserhalb der Landwirtschaft gemacht werden. Die maximale Geschwindigkeit von 40km/h plus Toleranz ist im heutigen Verkehr in überbau- ten Regionen kein grosser Nachteil mehr. In Städten und Dörfern hält man locker mit. Ausserhalb von Dörfern könnte man wohl schneller fahren, wenn nicht bereits schon ein Traktor unterwegs ist oder andere Hindernis- se bestehen. Die Ausnahmen für die Land- wirtschaft machen aus den sonst geltenden Regelungen einen löchrigen Emmentaler. Kaum jemand ausserhalb der Landwirtschaft sieht noch durch, so wird denn ein landwirt- schaftlicher Transport auch höchst selten kontrolliert. Wird wie vor ein paar Jahren in der Ostschweiz kontrolliert, sind die Verstös- se zahlreich, der Aufschrei ist gross und die Kontrolle wird als unnötige Behinderung des bäuerlichen Unternehmertums angesehen. Starke landwirtschaftliche Traktoren sind teuer in der Anschaffung und im Unterhalt. An sich sollte das dazu führen, dass keine Konkurrenzsituation zu Lastwagen entsteht. Occasionslastwagen sind aber hingegen re- lativ günstig zu haben. Mit aller Elektronik sind Geschwindigkeitsreduktionen heute auch kei- ne grosse Hexerei mehr. Die anderen Vorteile scheinen aber die Mehrkosten aufzuwiegen. Der Kostenfaktor LSVA fällt weg. Zahlt man mit einem 40t-Lastwagen rund einen Franken pro Kilometer, sind landwirtschaftli- che Fahrzeuge gratis. Traktoren mit weisser Nummer und 45km/h Höchstgeschwindig- keit zahlen Fr.11.– pro 100kg Gesamtgewicht des Zugfahrzeugs und Fr.11.– pro 100 kg An- hängelast. Die LSVA wird folglich pauschal mit Fr. 4400.– pro Jahr abgegolten. Ein Lastwa- gen im Kurzstreckenbetrieb kommt pro Jahr auf mindestens 30‘000 km und wird rund Fr.30000.– LSVA kosten. Fahrzeuge unter 40 km/h unterliegen nicht der ARV. Es braucht keinen Fahrtenschreiber, keine Auswertung und keine Kontrolle der Po- lizei. Die Fahrprüfung ist wesentlich einfacher. Für landwirtschaftliche Fahrzeuge können mit dem Führerausweis der Kategorie G Fahrzeu- ge bis 30km/h Höchstgeschwindigkeit ge- fahren werden. Mindestalter ist 14 Jahre. Mit einem Zusatzkurs dürfen auch bis 40km/h schnelle Fahrzeuge gefahren werden. Es wird keine praktische Führerprüfung notwen- dig. Eine vereinfachte Theorieprüfung reicht. Für Traktoren mit weisser Nummer, die ausserhalb der Landwirtschaft eingesetzt werden, ist Kategorie F notwendig. Werden Traktoren gefahren, reichen 16 Altersjahre, ansonsten 18. Die Theorieprüfung ist eben- falls vereinfacht. Mit der Kategorie F können sämtliche Fahrzeuge mit weniger als 45 km/h Höchstgeschwindigkeit gefahren werden. Für die Kategorien F und G gelten die me- dizinischen Anforderungen wie für Kategorie B (Pw). Geringeres Sehvermögen, vollständige Taubheit, Schizophrenie oder auch Fahren bei Drogenentzugstherapie sind zugelassen. Lastwagenchauffeure lässt man in diesem Zustand nicht auf die Strasse. Jeder, der einen Pw-Ausweis Kat. B hat, darf ein Traktorfuhrwerk mit 40t Gesamtzugs- gewicht und 18,5m Länge fahren. Es beste- hen keine zusätzlichen Ausbildungsvorschrif- Landwirte als unfaire Konkurrenz

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