Ausgabe Nr. 12/2020

4 CAMION 12 / 2020 «So kann es nicht weitergehen!» V iele Chauffeure aus der Westschweiz sind sehr unzufrieden mit der Schliessung der Restaurants und anderen Einschränkungen und Veränderungen aufgrund Corona. Es ist derzeit schwierig, WC, Duschen und warme Verpflegung mit angemessenem Sitzplatz zu finden. Auch Kunden und Abladestellen ver- wehren häufig den Zugang zu einemWC. WC auf Rastplätzen sind üblicherweise kalt und teilweise fehlt fliessendes sauberes Wasser. Corona wird uns mit allen Einschränkun- gen noch bis zum nächsten Sommer hinhal- ten. Viele Chauffeure sehen, dass sie in dieser Zeit eher mehr Arbeitsstunden leistenmüssen. Die ARV lässt bis zu 60 Stunden pro Woche zu, was von den Betrieben auch genutzt wird. Wer drei bis vier Tage unterwegs ist, hat derzeit in der Westschweiz keine Chance, eine Du- sche zu finden oder die Hände mit warmem Wasser zu waschen. Ausserdem fehlen auf- grund der geschlossenen Restaurants vielen die sozialen Kontakte. Mit der aktuellen Lage müssen wir davon ausgehen, dass sich die- ser Zustand jederzeit auf die gesamte Schweiz ausbreiten kann. Zeichnung:Trinco Im folgenden Text beziehen wir uns auf die berechtigte Wut der Chauffeure.Vor al- lem vonseiten derjenigen,die in derWestschweiz arbeiten,wo die Restaurants,wie in diesem Frühjahr, wieder geschlossen sind. Infolgedessen werden den Fahrern erneut warme Toiletten vorenthalten. Diese Pille ist schwer zu schlucken. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Branche nach wie vor nicht von einem verbind- lichen GAV profitiert. Das muss sich ändern – und zwar schnell! Es trifft eine Berufsgruppe, wo viele keine Fr. 5000.– pro Monat verdienen und netto knapp Fr. 4000.– monatlich ausbezahlt wer- den. Nach der Bezahlung vonMiete, Kranken- kassenprämien und beruflich notwendigen und nicht durch Spesen gedeckten Auslagen bleibt nicht mehr viel. In der jetzigen Zeit versu- chen einzelne Betriebe sogar, Arbeitsverträge zum Nachteil der Chauffeure anzupassen. Es macht auch jedem Angst, dass regelmässig Chauffeure mit noch billigeren Arbeitskräften aus Osteuropa ersetzt werden. Nach wie vor besteht kein verbindlicher GAV, der Mindestlöhne regelt und positiven Einfluss auf die Durchschnittslöhne hat. Die Monatslöhne liegen rund 10% tiefer als Löhne vergleichbarer Handwerker. Der Stundenlohn liegt 25% tiefer. Für Grenzgänger aus Osteuro- pa liegen die Stundenlöhne 30%bis 35% tiefer. Es ist uns klar, dass Restaurants in der Westschweiz nicht einfach geöffnet werden können. Viele Restaurants sind zudem keines- wegs bereit, nur für Chauffeure zu öffnen, da mit dieser kleinen Personengruppe bei einer Öffnung die Verluste für das Restaurant noch grösser werden. Dieses Frühjahr war der Dank der Bevölkerung und des Bundesrats spürbar. Die Zeit der Dankbarkeit war aber schon im August verflogen. Jetzt wird von Chauffeuren wieder erwartet, mehr und unter erschwerten Umständen zu arbeiten, während anderen Homeoffice empfohlen oder Kurzarbeit be- zahlt wird. Es wäre aber an der Zeit, dieser Berufs- gruppe mit klaren und gesunden Anstel- lungsbedingungen, einem allgemein ver- bindlichen GAV, vernünftiger Arbeitszeit und anständigem Lohn entgegenzukommen und die Wertschätzung zu zeigen. Wer anständig bezahlt ist, kann auch ein paar Monate unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Bestehen aber finanzielle Sorgen und aufgrund der Ar- beitszeiten zudem Ärger im privaten Umfeld, ist die Frustration verständlich und kaum aus- zuhalten. Nerven liegen blank Bitte haben Sie Verständnis, wenn Chauf- feure die jetzigen Zustände nicht mehr akzep- tieren wollen. Die Arbeit war noch nie einfach und ist härter geworden. Bei vielen liegen die Nerven blank, die Motivation und Hoffnung auf Besserung fehlt. Wir sind bald nahe einem Lockdown, den die Chauffeure selbst verursa- chen. Es wäre an der Zeit, Zugeständnisse zu machen und die Lage der Chauffeure zu ver- bessern. (David Piras) Verband

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