Ausgabe Nr. 6/2022

21 CAMION 6 / 2022 diese Energiemenge zu erzeugen, bräuchte die Schweiz 48 Quadratmeter Solarfläche pro Kopf. Gemäss den Studienautoren entspreche dies dreimal der verfügbaren Dachfläche der Schweiz. Zusätzlich brauche es eine 26-kWh-Speicherbatterie pro Kopf und zur Sommer-Winter-Speicherung zusätzlich 13 Pumpspeicherkraftwerke der Dimension «Grande Dixence». Dazu sagt Züttel: «Wenn wir sofort anfangen, müssten wir bis ins Jahr 2035 jedes Jahr eine neue Staumauer bauen. Aber wir haben schlicht nicht genug geeignete Täler im Land für solch eine Grössenordnung.» Kavernen für Wasserstoff Die zweite Möglichkeit ist laut den Forschenden eine Wasserstoffwirtschaft. Weil klimaneutraler Wasserstoff aus Solarstrom erzeugt werde und bei der Umwandlung ein Teil der Energie verloren gehe, bräuchte man für dieses Szenario 116 Quadratmeter Solarflächen pro Kopf der Bevölkerung – und eine Tag-Nacht-Speicherbatterie von 57 kWh pro Kopf. So könnte man mit Wasserstoff Autos, Lastwagen und Busse antreiben und mit katalytischen Brennern alle Gebäude beheizen. Zusätzliche Stauseen bräuchte es für diese Variante nicht, doch der im Sommer erzeugte Wasserstoff müsste bei 200 bar Druck in unterirdischen Kavernen gespeichert werden. «Wir bräuchten ein Speichervolumen von 57 Millionen Kubikmetern – das ist etwa 25 Mal der Gotthard Basistunnel», sagt Züttel. Die Energiekosten für diese Variante würden um rund 50 Prozent steigen, von heute 3000 Franken pro Kopf auf rund 4400 Franken pro Kopf und Jahr. Nur «Synfuels» wäre sehr teuer Variante drei ist eine Versorgung des ganzen Landes mit synthetischen Treibstoffen («Synfuels») aus Ökostrom. «Hausbesitzer dürften ihre Öl- und Gasheizungen weiterbetreiben, Autobesitzer würden auch in Zukunft Diesel, Benzin oder Gas tanken», heisst es zu diesem Szenario. Selbst Kerosin für Ferienflieger sei in dieser Rechnung enthalten, in Szenario 1 und 2 wären für Flugtreibstoffe jeweils 33 Quadratmeter Solarfläche pro Kopf zusätzlich notwendig. Neue Stauseen oder unterirdische Wasserstoffkavernen wären hierfür nicht nötig. «Doch für dieses Szenario müssten 4,5 Prozent der Schweizer Landesfläche mit Solarzellen bedeckt werden – das ist 12-mal mehr als die heute verfügbare Dachfläche», heisst es in der Mitteilung. Eine Speicherbatterie von 109 kWh pro Kopf wäre zudem nötig, um die gewaltige Menge an Solarstrom mittags einzuspeichern und für die chemische Industrie verfügbar zu machen, die daraus zunächst Wasserstoff und dann Synfuels herstelle. Die Energiekosten würden sich mehr als verdreifachen – von heute 3000 Franken pro Kopf auf 9600 Franken pro Kopf und Jahr. Züttel weist darauf hin, dass nicht jeder beliebige Energiepreis auch ökonomisch tragbar sei. «Seit Beginn des Industriezeitalters vor gut 200 Jahren ist die Wirtschaftsleistung jedes Landes an die Verfügbarkeit von Energie gekoppelt. Doch fürs Wachstum darf Primärenergie nicht mehr als 40 Rappen pro kWh kosten, sonst arbeitet die Industrie mit Verlust», sagt er. «Wir müssen uns also von der Vorstellung verabschieden, dass wir unseren gesamten Energiebedarf mit im Inland erzeugter, erneuerbarer Energie decken können.» Er plädiert für einen globalen Blick. In Gegenden wie der Sahara oder in Australien sei die Sonneneinstrahlung so hoch, dass Synfuels um ein Drittel billiger erzeugt werden könnten. «Wir können auf eine globale Energie-Logistik auch in Zukunft nicht verzichten», hält er abschliessend fest. Kritik an der Studie Die drei Szenarien beschreiben die Auswirkungen, wenn auf jeweils eine Technologie gesetzt wird. Dies erstaunt, wird doch auch das Wort Technologieoffenheit oft erwähnt, wenn es um die energetische Zukunft geht. Auf die Mobilität bezogen könnte dies heissen: im Nahverkehr batterieelektrischer Antrieb, bei Langstrecken mit wenig vorausplanbaren Routen Brennstoffzelle oder Synfuels. So sehen einige Mobilitätsexperten derzeit die Zukunft mit maximaler Effizienz bei maximaler Praktikabilität. Tatsächlich hat sich der SolartechnikAnbieter Helion ausführlich zur Studie geäussert. «Zusammen mit dem PV-Labor der Berner Fachhochschule hat Helion die Empa/EPFL-Studie, die unlängst veröffentlicht wurde, detailliert analysiert», teilt die Firma mit. «Als Branchenleader der Solarwirtschaft, der bis heute mehr als 10000 Photovoltaikanlagen installiert hat», bringe man im Wesentlichen bei drei Punkten Kritik an, die die aktuelle Situation ungenügend und teilweise falsch reflektieren würden. Unter anderem werde das Photovoltaik-Potenzial auf Schweizer Dächern rund zwei- bis dreimal zu tief beziffert. Dies würden andere Studien aufzeigen. Weiter sei es nicht erstaunlich, dass man «absurde Resultate» erhalte, wenn man einzelne Massnahmen isoliert betrachte. Niemand wolle Systeme bauen mit vielen riesigen neuen Stauseen. Den Kraftakt Energiewende schaffe man nur mit einer breiten Palette an Massnahmen. Und: Grosse Effizienzgewinne zum Beispiel im Gebäudebereich würden ignoriert. (Daniel von Känel) Les Routiers Suisses | Route de la Chocolatière 26 | 1026 Echandens 021 706 20 00 | www.truckerplatz.info Truckerplatz Diese App enthält:  Viele Restaurants in der ganzen Schweiz mit integriertem Routenplaner  Parkplätze, die für Lastwagen geeignet sind  Tankstellen in Ihrer Nähe mit Details zu dem verschiedenen Angeboten  Reparaturwerkstätten und Waschanlagen, für alle Fahrzeug Typen

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