«Stau auf der A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl.» So tönt es oft zwischen zwei Songs im Radio. Verkehrsmeldungen wie diese gibt es Tag für Tag mehrere. Kein Wunder: Allein im Februar 2025 betrug das Stauaufkommen auf den Schweizer Nationalstrassen gemäss Viasuisse 3611 Stunden. 2024 waren es insgesamt über 55 000 Stunden. Damit die Verkehrsteilnehmenden möglichst schnell erfahren, wo es staut, wurde vor fast 25 Jahren Viasuisse ins Leben gerufen.
Meldungen direkt vom Asphalt
Viasuisse ist die Drehscheibe der Verkehrsinformationen in der Schweiz. Pro Jahr gehen dort Tausende Hinweise ein – viele davon stammen von aufmerksamen Berufsfahrerinnen und -fahrern. «Täglich melden sich Lastwagenfahrerinnen und -fahrer bei uns, einige davon kennen wir sogar beim Namen», erzählt der Viasuisse-Verkehrsredaktor Michael Krein. Besonders wertvoll sind Hinweise zu Gefahren auf der Fahrbahn wie Tiere, Gegenstände oder Personen. Als weniger relevant erachtet Krein hingegen Meldungen zu Pannenfahrzeugen, die bereits sicher auf dem Pannenstreifen stehen.
Redaktion im Dienst der Mobilität
Das Redaktionsteam prüft – in Zusammenarbeit mit dem ASTRA oder der Kantonspolizei – die eingegangenen Informationen und bereitet diese in Kürze radiogerecht auf. Bei besonders heiklen Situationen – etwa bei einem falsch fahrenden Fahrzeug – dauert es von der Erfassung der Meldung durch die Polizei bis zur Ausstrahlung auf den nationalen Radiosendern SRF, RSI und RTS weniger als eine Minute. «Natürlich müssen wir die festen Sendezeiten der Radiostationen beachten. Wenn wir den Slot verpassen, kann es sein, dass eine Meldung mit Verzögerung gesendet wird», so der Redaktor. In dringenden Fällen kann aber auch sofort eine schriftliche Gefahrenmeldung verbreitet werden.
Zur Verifizierung nutzt das Redaktionsteam Verkehrskameras – auf den Bildschirmen sind gleichzeitig bis zu 18 Livebilder sichtbar. Die meisten dieser Kameras gehören zum Netz des ASTRA. Grösstenteils erstellt das ASTRA die Meldungen des nationalen Strassennetzes. Es kommt aber auch vor, dass Viasuisse das ASTRA kontaktiert, um eine Meldung zu prüfen oder zu erstellen.
Rund um die Uhr ist Viasuisse im Einsatz – zumindest fast. Gearbeitet wird täglich von 5 bis 21 Uhr. In jeder Sprachregion der Schweiz überwacht ein Redaktor oder eine Redaktorin das Verkehrsaufkommen. Zu den Spitzenzeiten, also morgens und am späten Nachmittag, bekommt das Team Verstärkung von zwei Redaktorinnen bzw. Redaktoren. Dazu sprechen sie halbstündlich live auf SRF3 und RSI.
Keine vollständige Automatisierung
Nachts übernimmt ein automatisches System die Überwachung und meldet grössere Ereignisse – eine vollständige Automatisierung ist laut Viasuisse jedoch weder wirtschaftlich noch qualitativ sinnvoll. Denn gemäss Krein gibt es viel manuelle Interpretation sowie diverse Quellen, die manuell Daten einliefern. «Wir können gar nicht alles automatisieren», gibt er zu. «Im Endeffekt lebt unsere Dienstleistung auch von unserem Redaktionsteam», ist er überzeugt. Viasuisse geht davon aus, dass der Mensch noch viele Jahre im Fokus dieser Arbeit stehen, aber immer enger mit der Maschine interagieren wird.
Achtung, Schiff auf der Fahrbahn
Im Schnitt zählt Viasuisse pro Jahr rund 100 Falschfahrer, 400 Tiere auf der Fahrbahn und ganze 2600 gemeldete Gegenstände. Skurrile Meldungen gehören dazu: «Einmal lag ein ganzes Schiff quer auf der A1 in der Westschweiz. Die Nationalstrasse musste für mehrere Stunden gesperrt werden», erinnert sich der Redaktor. Oder die mobile Toilette, die im Tessin auf der A2 verloren ging – auch solche Meldungen finden ihren Weg in den Verkehrsfunk. Solche kuriosen Zwischenfälle zeigen: Auf Schweizer Strassen ist fast nichts unmöglich.
Viasuisse hat keine direkten Konkurrenten, die in ähnlicher Tiefe redaktionell arbeiten. Zwar bieten auch Navigationsanbieter und kleinere Radios Verkehrsmeldungen an, doch bei hoher Verkehrsdichte und vielen Ereignissen greifen selbst diese auf die Arbeit von Viasuisse zurück.
Trotz dieser vorteilhaften Position arbeitet Viasuisse stetig an der Weiterentwicklung der eigenen Systeme. Ziel ist es, die Datenverarbeitung noch effizienter zu gestalten und gleichzeitig eine hohe Qualität sicherzustellen. Dabei spielen IT-gestützte Prozesse eine immer wichtigere Rolle. Dennoch bleibt klar: Der Mensch – insbesondere die Fahrerinnen und Fahrer auf der Strasse – bleibt ein zentraler Bestandteil im Netzwerk der Verkehrsinformationen.
Chauffeure als Schlüsselquelle
Gerade für Berufsfahrerinnen und -fahrer ist die Verlässlichkeit von Staumeldungen ein entscheidender Faktor. Sie helfen, Zeit zu sparen, Umwege zu vermeiden – und manchmal sogar Leben zu retten. Darum gilt: Wer unterwegs eine potenzielle Gefahr erkennt, sollte nicht zögern, Viasuisse zu informieren. Denn jede Meldung kann den Unterschied machen.
■
Text: Fabienne Reinhard
Fotos: Viasuisse
Verkehrsstörungen melden:
Über die Nummer 0800 888 123 können Sie direkt in der Viasuisse-Zentrale anrufen und Verkehrsstörungen melden. Auskünfte über die aktuelle Verkehrssituation sind so jedoch nicht möglich.