Gefängnis nach Unfall

In den Medien war diesen Sommer der Fall eines Chauffeurs, der für einen Unfall mit Todesfolge auf der Autobahn ein Jahr Gefängnis unbedingt erhalten hat. Der Fall wurde publik, weil er bis vor Bundesgericht ging. Es ist äusserst selten, dass jemand wegen eines Unfalls ins Gefängnis muss.

Im Herbst 2021 ereignete sich ein schwerer Unfall in einem Autobahntunnel zwischen Estavayer und Yverdon. Ein Lastwagen ist am Anfang des Tunnels auf ein Auto aufgefahren. Der Unfall war heftig, die Folge waren drei tote und eine schwer verletzte Person im Auto. Das Auto hatte eine Panne und den Warnblinker eingeschaltet. Der Chauffeur des Lastwagens war mit dem Telefon beschäftigt, hatte nicht aufgepasst und viel zu spät reagiert. Unfälle mit Todesfolge werden vom Richter üblicherweise mit einer «bezahlbaren» Geldstrafe, die aufgrund der Einkommensverhältnisse bemessen wird, und allenfalls einer bedingten Gefängnisstrafe beurteilt. Auch die Schuld von Velofahrern und Fussgängern wird bewertet und je nach deren Verschulden kann ein Fall auch für einen Chauffeur glimpflich enden. Ist der Chauffeur der Verursacher, geht es dem Richter darum, dass er daraus etwas lernt, nicht von vornherein zum Sozialfall wird und sein Leben weiterführen kann. Damit verbunden ist meist eine mehrmonatige Administrativmassnahme, sprich Führerscheinentzug. Meistens funktioniert das recht gut. Sehr wichtig ist, dass der Verursacher zur Einsicht kommt. Wenn es hart ist: Der Kontakt zur Familie eines Opfers und eine ehrliche Entschuldigung werden positiv gewertet. Gleichgültigkeit und Selbstmitleid kommen nicht gut an.

Chauffeur hatte Vorgeschichte

In diesem Fall ist dazugekommen, dass der betroffene Chauffeur schon eine Vorgeschichte hatte. Er ist bereits früher mit einem Auto ohne Nummer und Haftpflichtversicherung erwischt worden. Später ist er unter Alkoholeinfluss auf die Gegenseite geraten und gegen ein parkiertes Auto gefahren. Er hat damals schon einen Ausweisentzug und eine bedingte Strafe erhalten. Normalerweise nimmt man nach solchen Dingen das Tempo herunter und passt besser auf. Somit war klar, dass er diesmal für fahrlässige Tötung eine unbedingte Haftstrafe erhält.

Unfälle mit Todesfolge und Schwerverletzten sind immer heikel. Polizei, Staatsanwälte und Richter schauen genau hin. Was sind die Ursachen, wie reagiert der Verursacher nachfolgend, was hat er für eine Vorgeschichte? Zeigt er sich einsichtig? Könnte er wieder aus Gleichgültigkeit oder anderen Gründen einen solchen Unfall verursachen? Ein Unfall mit Todesfolge muss nicht das Ende einer Chauffeurkarriere bedeuten. Man muss aber vernünftig damit umgehen. Es geht nicht darum, die Erlebnisse zu vergessen. Wer an einem solchen Unfall beteiligt war, vergisst das nie. Gut ist aber, wenn jemand damit umgehen kann, daraus lernt und gerade darum trotzdem eine glückliche Zukunft vor sich hat.

Bundesgerichtsurteil 6B_321/2025

■ Text: David Piras