Eigentlich ist Bernd A. Kramer – nicht zuletzt aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für einen Münchner Lkw-Hersteller – eher bekannt für alte Laster mit Löwen oder der «oberösterreichischen Zielscheibe» (das Markenzeichen der ehemaligen Marke Steyr, Anm.) an der Front.
Italophil
Die bei ihm stark vorhandene Begeisterung für Italien und wiederkehrende Besuche italienischer Oldtimer-Veranstaltungen führten dazu, dass auch ein paar Exponate mit Geburtsort südlich der Alpen den Weg in seine vielfältige Sammlung historischer Nutzfahrzeuge gefunden haben. Schon über viele Jahre hinweg beeindruckten ihn immer wieder die sogenannten «Millepiedi» (Tausendfüssler), Gespanne auf sieben oder gar acht Achsen (4-Achser-Motorwagen mit 4-achsigem «Rimorchio»-Anhänger), welche sich mit 60 Tonnen oder mehr über den Apennin quälten. Im klassischen Süd-Nord-Verkehr entlang des Stiefels gab häufig nicht die Brückenwaage das Limit vor, sondern die Platzverhältnisse am Lkw. Nicht selten wurden Ladungen kombiniert, für die man heute zwei oder mehr Züge verwenden müsste. Beim hier gezeigten Fahrzeug handelt es sich um einen Fiat 691 N. Der 1974 gefertigte Lkw verfügt über 225 PS, welche er aus knapp 14 Litern Hubraum schöpft.
Import aus Imola
Der Lkw wurde von einem italienischen Oldtimer-Liebhaber im Raum Imola vor einigen Jahren instand gesetzt und aufbereitet. Als sich dieser im Jahr 2022 aus Platzgründen davon trennte, war die Gelegenheit gekommen, um den imposanten 4-Achser nach Österreich zu importieren. Der Typ 691 löste übrigens ab 1971 den legendären, aufgrund seiner charakteristischen Kühlermaske auch «Baffo» (Schnurrbart) genannten 690 ab.
Markante Eigenheiten
Besonders kurios ist unter anderem, dass diese 4-achsigen Fahrgestelle in der Regel als 6×2 vom Band liefen und ihre Nachlaufachse beim jeweiligen Aufbauer erhielten. So auch der hier Gezeigte, welcher seinerzeit durch den nach wie vor existierenden – jedoch mittlerweile primär im Autotransporter-Segment beheimateten – Aufbauer Rolfo sein «Upgrade» erhielt. Auch der Fahrerarbeitsplatz des Fiat ist speziell: Bis in die frühen 1980er-Jahre wurden italienische Lastautos als Rechtslenker produziert. Grund dafür war hauptsächlich die vermeintlich bessere Übersichtlichkeit auf Passstrassen.
Text: Andreas W. Dick
Foto: Bernd A. Kramer
Made in Italy
Die 1899 gegründete Fabbrica Italiana Automobili Torino (FIAT) produzierte seit 1907 auch Lastkraftwagen. 1974 durfte beim 691 N noch stolz Fiat an der Front prangen, ein Jahr später wurde die Industrial Vehicles Corporation (kurz IVECO) als Zusammenschluss aus Fiat, OM, Unic und Magirus-Deutz geboren. Unter der Marke Fiat Professional werden weiterhin leichte Nutzfahrzeuge wie die Modelle Doblò, Ducato und Scudo gefertigt. AWD