Eindhovens neue CO2-Tools – DAF bringt ganze E-Truck-Palette

Fahrzeuge und Technik Ausgabe-09-2025

DAF startet mit einer ganzen Palette an Elektro-Lkw (v. l.): DAF XF Electric, DAF XD Electric (Zugfahrzeug und Fahrgestell) und DAF XB Electric.

Mit den Elektromodellen von CF und LF startete DAF bereits im Jahr 2018 als Vorreiter in elektrische Antriebe für Lastwagen. Basierend auf der neuen Lkw-Generation folgt heute eine ganze E-Truck-Palette, welche praktisch das gleiche Spektrum abdeckt wie herkömmliche Diesel-Lkw. Die Reichweite bei höchster Batteriekapazität liegt bei 550 km.

Mit der Lancierung einer sehr breiten Elektro-Lastwagen-Palette nimmt der niederländische Hersteller DAF einen grossen Schritt auf dem Weg zur eigenen Dekarbonisierung. Allerdings sieht DAF die batterieelektrische Lösung als nur einen Teil. «Wir glauben, es werden mehrere Technologien für die zahlreichen Transportlösungen benötigt», sagt Raoul Wijnands, verantwortlich fürs Testing der Fahrzeuge bei DAF. Entsprechend entwickelt DAF neben den batterieelektrischen Lösungen ebenfalls an E-Fuels/HVO, am Hybridantrieb und an Wasserstoff für Verbrennungsmotoren und für die Brennstoffzelle.

Grosser Energiebedarf

Zudem betont Wijnands, dass die Dekarbonisierung des Transportsektors nur als Gleichung funktioniere. So reichten die Fahrzeuge alleine nicht, es brauche gleichzeitig genügend Grüne Energie und Ladeinfrastruktur, aber vor allem auch eine Kostengleichheit zum herkömmlichen Diesel. «Und die E-Lkw sind heute in dieser Gleichung sicher nicht das Problem.»

Wo der Schuh drückt, führt Wijnands mit ein paar Zahlen aus. Der Absenkpfad sieht vor, dass bis 2030 in Europa 400 000 E-Trucks auf die Strasse kommen. Diese Fahrzeuge benötigen pro Jahr 42 TWh Energie, was dem Bedarf von 17 Mio. Haushalten entspricht oder dem Bedarf von ganz Polen. Dies liesse sich durch neun neue Offshore-Windparks (à je 170 Windräder) oder elf neuen Atomkraftwerken abdecken. Und um die Energie in die Lastwagen zu bringen, müssten bis dahin 400 000 Depotlader, 50 000 öffentliche Ladestationen (davon 35 000 Megawatt-Charger) und 2500 Wasserstofftankstellen zur Verfügung stehen. «Doch der aktuelle Ausbau der Ladeinfrastruktur hinkt weit hinterher», schliesst Raoul Wijnands.

Neue E-Truck-Generation

Hauptsächlich basierend auf der aktuellen Lkw-Plattform mit den Modellen XD und XF bringt DAF ein ganzes Spektrum an Modellen für die unterschiedlichsten Anwendungen auf den Markt, dazu kommt der mittelschwere XB Electric (siehe nächste Seite). Auf die entsprechende Frage bestätigt DAF, dass dies erst der Anfang sei und bereits im kommenden Jahr weitere Versionen nachgeschoben werden, einerseits mit den Fernverkehrskabinen XG und XG+, aber auch für diverse Baustellenapplikationen.

Als DAF vor vier Jahren die neue Lkw-Generation vorgestellt hatte, waren die Elektromodelle bereits in der Grundkonzeption vorgesehen. Die E-Trucks sind mit einem Zentralantrieb versehen und ein sogenanntes E-Drive-Modul kommt an die Stelle des Dieselmotors. Zwei unterschiedlich konzipierte Antriebsstränge decken je drei Leistungsstufen ab, um – wie beim Diesel – für alle möglichen Einsatzbedürfnisse einsetzbar zu sein. Im E-Drive-Modul ist eine erste Batterie mit 105 kWh integriert, sodass mit einer bis vier Zusatzbatterien eine Gesamtkapazität zwischen 210 und 525 kWh entsteht und eine maximale Reichweite von über 500 km ermöglicht wird.

Integrierte Antriebskomponenten

Die neuen Antriebseinheiten besitzen im gleichen Gehäuse zwei separate Elektromotoren (Permanentmagnet) und ein zentrales 3-Gang-Getriebe. Letzteres besteht aus zwei Planetengetrieben, welche die Elektromotoren bedarfsgerecht und ohne Zugkraftunterbrechung zu- und abschalten. Im Teillastbereich ist meist nur ein Elektromotor aktiviert, erst beim Beschleunigen oder in Steigungen wird der zweite Motor aktiviert. Ebenfalls beim Rekuperieren wird der zweite Motor aktiviert. Die schwächere Antriebseinheit ist für Solofahrzeuge bis 29 Tonnen Gesamtgewicht vorgesehen, mit wahlweise 170 kW (231 PS), 220 kW (299 PS) und 270 kW (367 PS). Das Drehmoment beträgt bei allen 1500 Nm und die Rekuperationsleistung 270 kW.

Die stärkere Einheit ist bis 50 Tonnen Gesamtzuggewicht ausgelegt, startet bei 270 kW (367 PS) und reicht über 310 kW (422 PS) bis hoch zu 350 kW (476 PS). Das Drehmoment beträgt 2400 Nm und die Rekuperationsleistung 350 kW. Letztere lässt sich aktuell nur über den Lenkradstock bedienen und in drei Stufen bis hin zum One-Pedal-Driving einstellen. Es ist der gleiche Lenkradstock, mit welchem beim Diesel Motorbremse und Retarder bedient werden. DAF arbeitet übrigens daran, die Rekuperation auch mit dem Bremspedal zu koppeln.

Unterwegs in unterschiedlichen Fahrzeugen beeindruckt nicht nur der kraftvolle Antritt selbst bei voller 40-Tonnen-Auslastung, sondern auch die akustische Ruhe und die nahtlosen Schaltvorgänge; man spürt Letztere überhaupt nicht, man kann sie lediglich am Leistungszeiger im Instrument ablesen.

LFP-Batterie-Pakete

Von Beginn weg im Jahr 2018 hat DAF auf Lithium-Eisenphosphat-Batterien LFP gesetzt. Neben der sehr hohen thermischen Stabilität und der hohen Verträglichkeit von Ladezyklen bietet die LFP-Batterie auch von den Zellmaterialien her grosse Vorteile, denn sie kommt ohne die umwelttechnisch und ethisch schwierigen Rohstoffe Kobalt und Nickel aus. Eine Batterie beim DAF XD und XF hat eine Kapazität von 105 kWh und besteht aus drei Modulen à 35 kWh. Je nach Bedarf können zwei bis fünf Batterien bestellt werden, wobei die Batterie des E-Drive-Moduls miteingerechnet ist. Im E-Drive-Modul sind neben der Batterie auch die Kabinenheizung und -kühlung sowie die Batteriekühlung für alle Batterien im Fahrzeug enthalten.

Obwohl der E-Antriebsstrang gegenüber dem Diesel rund 1100 kg leichter ist, wiegt der E-Truck wegen der Batterien (je 850 kg) immer mehr als ein vergleichbarer Diesel. Mit mehr als drei Batterien verliert ein DAF-E-Truck auch mit gesetzlich möglicher Kompensation (bis 2 t) an Nutzlast.

Ebenfalls im E-Drive-Modul Platz findet das AC-Onboard-Ladegerät (22 kW), das bei XD und XF als Option angeboten wird. Serienmässig sind die schweren E-Trucks für Fastcharging mit 150 kW ausgelegt, können jedoch ebenfalls als Option auch auf 325 kW Ladeleistung aufgepeppt werden. Die LFP-Batterie lässt sich gemäss DAF in ihrer Lebensdauer auch nicht beirren, wenn der Lastwagen täglich auf 100 % aufgeladen wird. So sollen diese Batterien über 4000 Ladezyklen (Vollladungen) aushalten. DAF gewährt deshalb auf den Batterien eine Garantie von acht Jahren.

Weiterer Artikel: Der E-DAF für die City-Logistik

Text: Martin Schatzmann
Fotos: DAF Trucks

 

Produktionslinie für E-Trucks

Serienstart: Q4 2025, also jetzt

 

An seinem Hauptstandort Eindhoven hat DAF eine speziell für den Bau der Elektro-Lastwagen ausgelegte Produktionshalle errichtet. Auf einer Grundfläche von 5000 m2 werden sowohl die Batteriepakete vorbereitet als auch die elektrischen E-Drive-Module montiert. Letztere nehmen im Fahrzeug jenen Platz ein, der bislang dem Diesel vorbehalten war, und umfassen neben einem Batteriepaket auch die diversen elektrischen Steuerungskomponenten und die Batteriekühlung. Auf der Hauptlinie des E-Truck-Werks werden die von der regulären Produktion her kommenden Fahrzeuge mit den Batterien, dem Antriebsmodul und dem Antriebsstrang (Motor mit integriertem Getriebe, Antriebs-wellen) bestückt. Nach zahlreichen Vorproduktionen ist das neue Werk nun bereit für die Serienfertigung, welche in diesen Wochen anlaufen wird. Bereits laufen jedoch Abklärungen, die Fertigung der E-Trucks auf die normale Produktion zu verlegen.

Martin Schatzmann