Marschhalt oder Ende des Projekts? – Wasserstofflastwagen in der Schweiz

Fahrzeuge und Technik Ausgabe-01-2025

Im Oktober 2022 wurden in Olten (SO) fünf Millionen gefahrene H2-Kilometer gefeiert. Allerdings sind in der Zwischenzeit weniger hinzugekommen als geplant.

«Schweizer Unternehmen schreiben Mobilitätsgeschichte», hiess es vor fünf Jahren, als die weltweit allerersten serienmässig produzierten Wasserstoff-Elektro-Nutzfahrzeuge ausgeliefert wurden. Statt wie geplant 1600 solcher Hyundai XCIENT Fuel Cell Trucks sind aber heute lediglich 50 in der Schweiz unterwegs. Ist das Projekt gescheitert?

Die Wasserstoffmobilität hat Zukunft. Darin waren sich die Agrola AG, AVIA Vereinigung, Coop, Coop Mineraloel AG, fenaco Genossenschaft, Migrol AG und der Migros-Genossenschafts-Bund einig und gründeten 2018 den Wasserstoff-Förderverein «H2 Mobilität Schweiz». Dieser brachte Tankstellenbetreiber und Transportunternehmen zusammen und verfolgte das Ziel, schweizweit ein flächendeckendes Netz von Wasserstofftankstellen zu realisieren. Die Vision der Tankstellenbetreiber war, dereinst Fahrzeuge emissionsfrei betreiben zu können. Der Aufbau sollte mit den eigenen Fahrzeugflotten und privatwirtschaftlich innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen. Danach sollte sich der Förderverein auflösen und den Markt spielen lassen. Anfangs sah es gut aus: Immer mehr Transportunternehmen schlossen sich dem Förderverein an und 2021 waren bereits 46 Hyundai XCIENT Fuel Cell Trucks in der Schweiz unterwegs. Insgesamt 1600 Lastwagen hätten es bis 2025 sein sollen. Bis heute sind es jedoch lediglich 50.

Pandemie und Energiekrise

Die Frage nach dem Warum ist schnell beantwortet: «Die Coronapandemie und die Energiekrise mit stark erhöhten Strompreisen haben dem rentablen Einsatz dieser Lastwagen einen Strich durch die Rechnung gemacht», sagt Josef Jäger, Geschäftsführer der Camion Transport AG und Vize-Präsident des Fördervereins. So war es nicht möglich, weitere Wasserstofflastwagen im Markt zu platzieren. Der Betrieb der Wasserstofflastwagen kostete nicht wie ursprünglich geplant gleich viel wie der von Dieselfahrzeugen, sondern durch die gestiegenen Energiepreise doppelt so viel.

H2-Tankstellen unterbesucht

Im Gegensatz zu der Anzahl Lastwagen sieht es bei den Wasserstofftankstellen etwas besser aus: 18 sind bereits in Betrieb. Es wären ausserdem viele Baugesuche bewilligt, doch für die Tankstellenbetreiber lohnt sich die Investition derzeit nicht. Viele der bereits bestehenden Tankstellen seien aufgrund der fehlenden Lastwagen unterbesucht, wie Bernhard Wüest, Geschäftsführer des Fördervereins, erklärt. Die vorerst letzte geplante Tankstelle wird diesen Frühling in Egerkingen eröffnen. Zur selben Zeit wird ein Mitglied des Fördervereins auch die ersten zwei Wasserstofflastwagen von Iveco in den Testbetrieb aufnehmen.

Bundesrat: Spätes Bekenntnis

Vielleicht war der Förderverein seiner Zeit einfach auch voraus, denn erst im Dezember 2024 hat der Bundesrat seine Wasserstoffstrategie verabschiedet. Der Förderverein war zwar bei der Erarbeitung der Strategie dabei, konnte jedoch wenig Einfluss nehmen. Immerhin ist das Thema Wasserstoffmobilität dadurch in der Strategie verankert, wenn auch nur sehr knapp. Der Bundesrat will Wasserstoff als Fahrzeugantrieb nicht direkt fördern. Er unterstützt aber die Wasserstoffmobilität, indem er die Verkehrsfläche für Tankstellen mitberücksichtigen will – wie bei den Elektrofahrzeugen. Aktuell beträgt der Wasserstoffbedarf der Schweiz gemäss Auskunft des Fördervereins etwa zehn Gigawattstunden. In seiner Strategie rechnet der Bund mit 110 bis 380 Gigawattstunden pro Jahr bis 2030.

Besser abwarten

Die Strategie des Bundesrats ist für die Wasserstoffmobilität sicher positiv zu werten. Dennoch ist damit zu rechnen, dass die meisten Transportunternehmen in den nächsten Jahren vom Kauf von Wasserstofffahrzeugen absehen, da die Planungssicherheit nicht gegeben ist. Zudem endet 2030 die LSVA-Befreiung dieser Fahrzeuge. Auch bei der Camion Transport AG sind aktuell keine weiteren Wasserstofflastwagen geplant. «Die Anschaffung und der Betrieb sind zu teuer. Zudem sind keine neuen Modelle von Hyundai verfügbar», erklärt Jäger. Der Unternehmer will noch zuwarten: «Wenn ab ca. 2028 Hersteller wie Daimler oder Volvo mit Wasserstofflastwagen auf den Markt kommen, sehe ich gute Chancen, die Lastenzüge und Sattelschlepper mit rund 80 000 km Jahresleistung auf diese Technik auszurichten.» Im Wasserstoff sieht er nach wie vor Potenzial: «Gerade weil mit den Photovoltaik-Anlagen an verschiedenen Tagen viel grüner Überschussstrom produziert wird, ist Wasserstoff eine echte Chance für die Dekarbonisierung im Strassengüterverkehr.» Auch Martin Osterwalder, Präsident des Fördervereins, bleibt optimistisch: «Wollen wir die Dekarbonisierung des Energiesystems erreichen, dann ist Wasserstoff essenziell.»

Text: Fabienne Reinhard 
Fotos: Daniel von Känel