Projekte priorisiert – Ausbau Verkehrsinfrastruktur

Verband Ausgabe-09-2025

Zwei Tunnelprojekte, die vom Stimmvolk bei der Abstimmung über den Autobahnausbau vor einem Jahr mitversenkt wurden, könnten eine Auferstehung erfahren: Der Rheintunnel in Basel und der Rosenbergtunnel in St. Gallen gehören laut dem vom Bundesrat in Auftrag gegebenen ETH-Gutachten zu den Projekten, die trotzdem umgesetzt werden sollen. Warum das nicht undemokratisch ist.

Das Nein zum Ausbauschritt der Nationalstrassen kam unerwartet. Doch die Skepsis gegenüber einer unbegrenzt wachsenden Schweiz sorgte dafür, dass die üblichen Gegner des motorisierten Individualverkehrs die Abstimmung gewinnen konnten. Eine solche Mehrheit brauchte, neben der zugegebenermassen sehr gelungenen Mobilisierung des Nein-Lagers, auch Stimmen aus dem konservativen Lager, das sich sonst eher strassenfreundlich zeigt. Aber: Warum mehr Kapazitäten schaffen, wenn diese wegen einer Zuwanderung nötig werden, die man ohnehin nicht will? Etwa so klang es bei vielen Leuten, die alles andere als grün sind, aber dennoch ein Nein in die Urne legten.

Fakt ist: 2024 wurden gemäss der entsprechenden Statistik des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) auf dem gesamten Nationalstrassennetz rund 5 600 Staustunden registriert. Das sind 14 Prozent mehr als 2023. Die Zunahme ist in erster Linie auf Staus wegen Verkehrsüberlastung zurückzuführen.

Mit dem abgelehnten Ausbauschritt wollte der Bundesrat vor allem Engpässe beseitigen. Denn: Das Schweizer Autobahnnetz ist fast fertig gebaut. Lücken schliessen und dort aufweiten, wo Engpässe bestehen, das war der Inhalt der Vorlage.

Und: Der Inhalt der Vorlage ist immer noch aktuell. Die Problematik der Netzüberlastung ist jetzt schon da, auch ohne künftige Zuwanderung. Das andere Netz, die Schiene, hat ebenfalls Probleme. Auch dort stehen notwendige Sanierungen und Erweiterungen an, die aber 14 Milliarden teurer werden, als vorerst angenommen. Der Bundesrat hatte deshalb nach der Abstimmung die ETH mit einem Gutachten beauftragt, das eine Priorisierung der Infrastrukturprojekte nach Wichtigkeit machen soll. Die Resultate zeigen: Mit dem Rheintunnel in Basel und dem Rosenbergtunnel in St. Gallen sind auch zwei Projekte zur Umsetzung empfohlen, die prominent im abgelehnten Ausbauschritt enthalten waren. Es wäre falsch, dies als undemokratische Quengelei zu sehen. Das Gutachten ist die wissenschaftliche Grundlage dafür, einen Ausbauschritt zu planen, der weniger umfangreich ist als das abgelehnte Paket, aber dennoch die wichtigsten Massnahmen beinhaltet. Das ist unumgänglich. Denn: Versäumnisse bei der Infrastruktur, ob Strasse oder Schiene, kosten langfristig am meisten.

Text und Foto: Daniel von Känel