Schweiz mit Vorreiterrolle – e-mobile Verkehrsforum Schwerverkehr 2025

Verkehr und Infrastruktur Ausgabe-08-2025

Bei Galliker sind bereits knapp 100 E-Lkws im Einsatz. Aus der Erfahrung zeigt sich, dass heute nicht die Fahrzeugtechnik, sondern die Stromzuleitung zum Areal die grösste Herausforderung ist.

Bei der Zulassung alternativer Nutzfahrzeugantriebe liegt die Schweiz im ersten Halbjahr 2025 an der Spitze von Europa. Aber auch beim automatisierten Fahren ist die Schweiz Vorreiterin. Dies zeigte das Verkehrsforum Schwerverkehr am 10. September auf.

Emissionsfreie Lastwagen mit batterie- und brennstoffzellenelektrischem Antrieb sind in der Schweiz von der LSVA befreit. Damit hat die Schweiz ein Anreizsystem, um das sie heute von vielen Ländern benieden wird, da es eine effiziente Art der CO2-Besteuerung darstellt. Dieser Anreiz bezeichnete Christoph Schreyer, Leiter energieeffizienter Verkehr beim BFE, am Verkehrsforum von electro-suisse als einer der Gründe, weshalb die schweren E-Lastwagen in der Schweiz eine derart hohe Verbreitung finden. So wurden im ersten Halbjahr 2025 9,7 % der schweren Lastwagen (>16 t) als E-Trucks immatrikuliert und 5,5 % der mittleren (3,5–16 t), gesamthaft also 17,2 % der Lkw-Neuzulassungen. Gefolgt wird die Schweiz von den Niederlanden, deren Anteil 0,5 % kleiner ist (5,3 % schwer, 11,4 % mittelschwer). Neben der LSVA benennt Schreyer auch das stark wachsende Fahrzeugangebot, welches den aktuell exponentiellen Zuwachs an E-Truck-Zulassungen begründet.

Gemäss Rechenbeispielen von Schreyer spart ein Transporteur beim Einsatz eines LSVA-befreiten Lastwagens jährlich zwischen 25 800 Franken (28-Tönner, 60 000 km) und 76 500 Franken (40-Tönner, 80 000 km). Über sieben Jahre spart er mit einem 40-Tönner 28 % an Gesamtkosten (–365 000 Franken), allerdings sind dabei die Initialinvestitionen in die Ladeinfrastruktur nicht eingerechnet. Auch mit der ab 2029 geplanten, stufenweisen Einführung der LSVA für E-Trucks zeigen die Berechnungen Schreyers noch eine substanzielle Einsparung gegenüber herkömmlichen Dieseltrucks.

Beispiele wie Galliker

In seinem Vortrag zeigt Peter Galliker, CEO Galliker Transport AG, die Zukunftsplanung des Unternehmens auf, das bereits heute eine elektrisierte Lkw-Flotte von knapp 100 Fahrzeugen zum Einsatz bringt. Basis dafür sind die Schnellladeinfrastruktur in jeder Filiale und die gezielte Auseinandersetzung mit den neuen Herausforderungen. Dabei hat sich gezeigt, dass heute nicht die Fahrzeugtechnik die Herausforderung ist, sondern die Verfügbarkeit des Stroms respektive die Stromzufuhr durch die Netzbetreiber.

Mit dem Projekt E-Power 2.0 will man bei Galliker einen Schritt weitergehen, damit bis im Jahr 2035 70 % der nationalen Flotte CO2-neutral sind (aktuell 12,5 %), 30 % der internationalen Flotte (aktuell 3,2 %) und dass 100 % des bei Galliker generierten Solarstroms auch selbst gespeichert wird. Das entsprechende Unterstützungsgesuch ist beim Bund noch hängig, eine Zusage ist aber für Peter Galliker entscheidend, ob das Projekt heute oder erst in zehn Jahren in Angriff genommen werden kann.

Andere praktische Beispiele rund um die Elektrifizierung haben auch Verkehrsbetriebe wie Bernmobil, VB Biel, BVB Basel und Postauto vorgestellt.

Automatisiertes Fahren

Durch die seit 1. März gültige Verordnung zum automatisierten Fahren nimmt die Schweiz global eine Führungsrolle in diesem zukunftsträchtigen Sektor ein. Davon sind Oliver Nahon und Matthias Rödter überzeugt. Nahon ist Direktor der Swiss Association for Autonomous Mobility SAAM (Schweizerischer Verband für autonome Mobilität), Rödter Präsident des Swiss Transit Lab. Dabei wird die Verordnung vor allem deswegen gelobt, weil weltweit keine andere Gesetzgebung zu autonomem Fahren so offen gestaltet ist. Sie ermöglicht deshalb auch Projekte wie Artour in Arbon (Details siehe nächste Seite) oder «iamo» im Furttal. Bei «iamo» (intelligente automatisierte Mobilität) sollen automatisierte Autos und Kleinbusse (je vier) die Menschen an den ÖV anbinden. Wie bei Artour sollen die Fahrzeuge dereinst ohne Sicherheitsfahrer, sondern fernüberwacht laufen. Momentan findet bei «iamo» der technische Aufbau (Kartierung) statt, erste Kundenfahrten dürften im ersten Halbjahr 2026 möglich werden.

Diverse weitere Projekte sind in der Schweiz in Ausarbeitung oder kurz vor der Realisierung. So sollen Flughafenmitarbeitende künftig in Kloten per autonomem Kleinshuttle von A nach B gefahren werden. Ein anderes Projekt ist AutoDepot, das automatisierte Busdepot. Hier sollen Busse künftig mit maximal 3 km/h ohne Fahrer auf dem Hof und in der Garage rangieren. Chauffeure sollen sich dadurch vor allem auf Fahraufgaben mit Passagieren konzentrieren können. Gemäss Oliver Nahon sollen auf diese Weise in einem 100-Bus-Depot jährlich 1500 Stunden eingespart werden, was für ein Depot in der Schweiz jährliche Einsparungen in der Höhe von 600 000 Franken bringen soll.

■ Text: Martin Schatzmann, Fotos: zVg

Informationen: 
emobile-verkehrsforum.ch & energie-cluster.ch (Kasten)

 

Power-to-Gas-Kongress 2025

Es gibt noch viel zu tun

Unter diese profane Aussage lässt sich der diesjährige Power-to-Gas-Kongress von energie-cluster.ch zusammenfassen. Im von interessanten Referaten geprägten Kongress am 9. September standen in erster Linie die Bedeutung von grünem Wasserstoff und von Power-to-X-Derivaten wie Biomethangas und Bioethanol im Zentrum. Als Knackpunkt für den Ausbau von Infrastruktur und die Realisierung von Projekten ist die aktuell nicht existierende Planungssicherheit mangels klarer Leitlinien, aber auch die kurzfristig ausgerichtete Geldpolitik. Planungssicherheit ist auch für Länder ausserhalb von Europa wichtig, da sich nur mit ihnen unser künftiger grüner Energiebedarf abdecken lässt. Trotz grossem Interesse, Europa mit grünem Wasserstoff zu versorgen (z. B. Algerien), werden dort Kapazitäten nur dann aufgebaut, wenn auch eine Abnahmegarantie/Investitionssicherheit besteht.

Neben anderen Punkten war am Kongress immer wieder Unverständnis darüber zu hören, dass bislang der CO2-Ausstoss nicht sanktioniert wird. Entsprechend bleibt für nachhaltige Treibstoffe und Energielieferungen ein Preisnachteil, der sich überaus negativ auf mögliche Geschäftsmodelle auswirkt und die Skalierung von Projekten behindert oder gar verunmöglicht. Diesbezüglich dürfte auch für die Schweiz interessant sein, ob die EU bereit ist, e-Fuels wie hierzulande in die CO2-Flottenregulierung einzubauen und dadurch relevante Schritte für eine Parität der fossilen und nichtfossilen Treibstoffe zu unternehmen.

Martin Schatzmann