Neben den luxuriösen Reisebussen von Setra führt die Bussparte von Mercedes-Benz mit dem Tourismo ebenfalls unter dem Eigennamen eine hochwertige Buslinie im Angebot. Der Tourismo ergänzt die Überlandbusse Citaro Ü und Intouro und die Stadtbusse Citaro und CapaCity. Der Tourismo wurde im vergangenen Jahr umfassend aufgewertet und dabei auch mit den neusten Sicherheitssystemen aus dem Hause Mercedes ausgerüstet. Die ganze verfügbare Sicherheitsausrüstung wurde in einen speziellen Tourismo eingebaut, um die Technik näher an die Kunden und ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Mercedes-Benz nennt ihn Safety Coach, Sicherheitsreisebus, und lackiert ihn gelb, mit auffälliger Kontrastbemalung.
Der Safety Coach ist allerdings keineswegs eine neue Idee, denn Mercedes-Benz hatte bereits vor 20 Jahren einen ersten Safety Coach aufgebaut (Kasten auf Seite 14), damals auf dem Reisebus Travego. Der jetzige Bus ist die inzwischen sechste Version des Safety Coach.
Komfort für Gäste …
Grundsätzlich ist der Tourismo ein Hochdecker und es gibt ihn in vier Modellen. Als Zweiachser misst er wahlweise 12,3 oder 13,1 m in der Länge, beim Dreiachser sind es ebenfalls 13,1 sowie 13,9 m Länge. In «unserem» zweiachsigen Safety Coach finden auf einer 2+2-Bestuhlung 44 Passagiere Platz, wobei Sitzabstände in der 4-Sterne-Wertung geboten werden. Um dem Fahrer jedoch ein realistischeres Fahrerlebnis und eine aussagekräftige Funktion der Sicherheitssysteme bieten zu können, stehen uns echten Begleitern lediglich die vordersten vier Sitzreihen zur Verfügung, weiter hinten belegt eine stumme Gesellschaft die Sitze, bestehend aus mit Wasser befüllten Puppen.
Die neusten Modifikationen beim Tourismo umfassen LED-Front- und -Heckleuchten, neben den neuen Assistenzsystemen auch ein neues Entertainmentsystem sowie optional das Spiegelkamerasystem MirrorCam. Zu Beginn spielen wir Reisegast und lümmeln uns auf den Sitzen. Einfach verstellbar und bequem gepolstert lassen wir uns bereits nach kurzer Fahrt den Komfort behagen. Unsere Fahrt geht auf der Autobahn von Ljubljana nordwärts, in Richtung österreichische Grenze. Mittagspause nahe des Wörthersees; die nur geringe Geräuschentwicklung und das leise-sonore Motorgeräusch haben uns bald einmal eingelullt. Fahrerwechsel.
… und Fahrer
Einmal auf dem Fahrerplatz eingerichtet, geht es weiter in Richtung Salzburg, unserem Tagesziel. Viele unaufgeregte Kilometer Cruisen durch die bergige Landschaft, dann unvermittelter Stillstand – eine Tunnelsanierung verursacht Stau, den wir erst nach einer guten Stunde hinter uns lassen können. Chauffeuralltag. Vor und nach dem Stau nutzen wir alle vorhandenen Helfer. Der Abstandstempomat sorgt auch bei einem längeren Blick auf die vorbeiziehende Landschaft für sichere Distanz zum Vordermann, die Verkehrszeichenerkennung warnt, wenn die Geschwindigkeit zu hoch wird.
Aber das gute Fahrgefühl ist auch der ausgeklügelten Luftfederung geschuldet. Diese ist nicht nur auf Komfort getrimmt, sondern senkt bei höherem Tempo die Karosserie um 20 mm ab. Dadurch werden die Stirnfläche verringert und die Aerodynamik verbessert. Diese automatische Karosserieabsenkung war bislang erst ab 95 km/h verfügbar und auch nicht serienmässig eingebaut. Neu ist sie in jedem Tourismo inte-griert und arbeitet bereits ab Überlandtempo, sobald der Bus mehr als zehn Sekunden lang mit mindestens 79 km/h unterwegs ist.
Für ein Quäntchen Komfort sorgen im Tourismo auf Wusch die motorisierten Hubgepäckklappen. Vor dem Busterminal oder dem Hotel reicht ein Tastendruck im Cockpit und die Fächer öffnen oder schliessen, das händische Bedienen der Klappen entfällt.
Sicherer im Stadtverkehr
Die meisten der durch die GSR-B neu vorgeschriebenen Sicherheitssysteme sollen den Chauffeur und die Chauffeuse in der Komplexität des Stadtverkehrs unterstützen. Unter anderem wird ein Abbiegeassistent vorgeschrieben, der vor Fussgängern oder Velofahrern auf Türseite warnt. Mercedes-Benz hat seinen Sideguard Assist bereits seit sieben Jahren im Einsatz, hat ihn nun verfeinert und auch auf die Fahrerseite ausgeweitet, sodass man am Steuer beim beidseitigen Abbiegen vor Personen im kritischen Sektor des Busses gewarnt wird.
Neben dem nochmals leistungsfähigeren Notbremsassistenten, der sich bewegende oder stehende Personen und Velofahrer erkennt und über den ganzen Tempobereich arbeitet, kommt eine zusätzliche Frontüberwachung dazu. Frontguard Assist erkennt und warnt vor Hindernissen und Personen vor dem Fahrzeug
Neu gibt es bei Mercedes Kameras statt eines herkömmlichen Aussenspiegels. Die MirrorCam hat Mercedes-Benz zwar als erster OEM ebenfalls schon vor sieben Jahren im Actros lanciert, in der Bussparte hingegen dauerte es bis jetzt, bis sie erhältlich wurden. Und sie bleiben vorerst eine Option. Aerodynamisch spricht alles für deren Einsatz, und auch die Verkehrsübersicht ist nochmals deutlich besser. Vor allem in Kombination mit den Zusatzkameras, die eine perfekte 360-Grad-Rundumsicht (Vogelperspektive) ermöglichen, wird Manövrieren in der Stadt oder an touristischen Hotspots vereinfacht und sicherer, ganz abgesehen von den Zusatzinformationen der fahrzeugbezogenen Hilfslinien, die das Wiedereinscheren nach dem Überholen erleichtern.
Antriebsstrang im Powermodus
Mercedes hat den Safety Coach mit seinem leistungsfähigsten Antrieb ausgerüstet. Der OM 470 mit 10,7 Liter Hubraum und 335 kW (456 PS) bekundet mit dem stark ausgelasteten Tourismo auch in Steigungen keine Mühen. Einzig die teilweise sehr zögerlichen Gangwechsel des Mercedes-eigenen, automatisierten 8-Gang-Getriebes haben beim Anfahren an Kreuzungen das Potenzial, heikle Situationen herbeizuführen. Da hilft zwar der Wechsel vom Eco- in den Leistungsmodus, doch gerade bei hohem Verkehrsaufkommen ist das eine unnötige Zusatzaufgabe im Cockpit.
Auf jeden Fall zeigt dieser spezielle Tourismo ein beeindruckendes Paket an Sicherheitslösungen. Aber er macht vor allem auch Lust auf viele lange Fahrten, ob selbst am Steuer oder als Gast.
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Text: Martin Schatzmann
Fotos: Daimler Buses
6× Safety Coach
2004
Vorläufer des Safety Coach: Travego-Innovationsträger mit Weltpremiere von Abstandstempomat und Spurassistent.
2006
1. Safety Coach Travego: führt Abstandstempomat, Spurassistent und Dauerbremslimiter ein.
2009
2. Safety Coach Travego: mit Notbremsassistent und passivem Crashschutz für Fahrer und Reise-begleiter.
2013
3. Safety Coach Travego: mit Notbremsassistent auch für stehende Hindernisse, Aufmerksamkeitswarner, Getriebelenkstockhebel und Multifunktionslenkrad.
2014
4. Safety Coach Travego: mit Notbremsassistent mit Vollbremsung, vorausschauender Tempomat PPC mit Reaktion auf Topografie.
2018
5. Safety Coach Tourismo: mit Notbremsassistent für Fussgänger, Abbiegeassistent rechts für Fussgänger und Velofahrer.
2024
6. Safety Coach Tourismo: u. a. mit Notbremsassistent für sich bewegende Fussgänger und Velofahrer, Abbiegeassistent mit noch besserer Gefahrerkennung und neu auch auf Fahrerseite, alle von GSR-B vorgeschriebenen Systeme.
Martin Schatzmann