Die vom Kanton Tessin initiierte Standesinitiative «Sichere Strassen jetzt!» verlangte, dass schwere Motorwagen zum Sachen- oder Personentransport auf den Alpentransitstrecken nur verkehren dürfen, wenn sie mit gewissen Assistenzsystemen ausgerüstet sind. Die Initiative fand Zuspruch beim Parlament und passte im Oktober 2021 das Strassenverkehrsgesetz (SVG) entsprechend an. Um diesen Entscheid umzusetzen, startete der Bundesrat im Feburar 2024 die Vernehmlassung zu den notwendigen Anpassungen in der Signalisationsverordnung (SSV) sowie in der Strassenverkehrskontrollverordnung (SKV). Unter anderem wurde auch ein neues Verkehrssignal präsentiert, das den Chauffeuren anzeigen soll, dass sie sich auf einer Strecke befinden, auf der Assistenzsysteme Pflicht sind.
«Die Vernehmlassungsteilnehmenden, insbesondere die direkt davon betroffenen Kantone, äusserten sich mehrheitlich kritisch zur vorgeschlagenen Umsetzung», schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. «Die von der Standesinitiative geforderten Assistenzsysteme sind durch die Flottenerneuerung bereits bei fast allen verkehrenden Lastwagen vorhanden. Der Einsatz von älteren Fahrzeugen ohne Assistenzsysteme nimmt laufend ab. Das Ziel der Standesinitiative kann daher insgesamt bereits als erreicht betrachtet werden.» Im April hat er deshalb einen Entscheid gefällt: «Aus diesen Gründen erachtet der Bundesrat die Umsetzung von Artikel 45a SVG als nicht mehr angemessen und verzichtet deshalb auf eine Inkraftsetzung der SVG-Teilrevision bis zur parlamentarischen Neubeurteilung.»
Ein Blick in den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zeigt unter anderem diese Aussage des Kantons Basel-Stadt, der zwar auf eine Stellungnahme verzichtete, aber dennoch festhielt: «Wir erlauben uns jedoch darauf hinzuweisen, dass die vorgeschlagenen Änderungen aufgrund der technischen Entwicklung seit Einreichung der Standesinitiative ‹Sicherere Strassen Jetzt!› im Jahr 2017 aus Sicht des Kantons Basel-Stadt inzwischen nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen entsprechen.» Von den vier direkt von der vorgeschlagenen Regelung betroffenen Kantonen waren Graubünden und Wallis für die Vorlage, die Kantone der Gotthard-Achse Uri und Tessin lehnten die vorgeschlagene Umsetzung ab. Der Kanton Tessin, der die Initiative lancierte, kritisierte in der Vernehmlassung unter anderem, dass die Regelung zu einer Verringerung der Verkehrssicherheit und Zunahme der Verschmutzung durch Ausweichverkehr auf dem untergeordneten Strassennetz entlang der Verbotsstrecken führe.
Zusatznutzen gering
Folgende Assistenzsysteme wurden von der Initiative unter anderem verlangt: Geschwindigkeitsbegrenzung, ABS, Fahrdynamikregelsystem, Reifendrucküberwachung und Notbremssystem. Ausgenommen von der Regelung wären unter anderem Feuerwehr, Polizei und Militär, Kommunalfahrzeuge und Fahrzeuge im Bausektor und auch sogenannte Veteranenfahrzeuge gewesen. Auch der Berufsverband Les Routiers Suisses war zur Vernehmlassung eingeladen und sprach sich zwar nicht gegen eine Umsetzung aus, sah aber auch keinen besonderen Zusatznutzen bezüglich einer Reduktion der Fahrzeuge, da bereits 95 % der alpenquerenden Lastwagen mit den verlangten Assistenzsystemen ausgerüstet sind. Unternehmen mit einem älteren Fuhrpark, vermutlich vor allem regional tätige Unternehmen, wären von der Änderung stärker betroffen gewesen als solche mit moderneren Fahrzeugen.
Es geht wohl auch ohne diese spezifische Regelung, da in absehbarer Zeit ohnehin alle Lkw die Vorgaben erfüllen; und dies überall, nicht nur auf wenigen Transitstrecken.
Text: Daniel von Känel
Fotos: DVK / Torc
Illustrationen: ASTRA
Die Liste der vorgeschriebenen Systeme ist bereits lang
Die Schweiz übernimmt bezüglich Fahrassistenzsysteme in grossen Teilen die Regelungen der EU. Diese Systeme sind für neue Fahrzeuge bereits obligatorisch:
– Intelligenter Geschwindigkeitsassistent
– Notbremslicht
– Rückfahrassistent
– Abbiegeassistent
– Warnsystem bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit
– Schutz vor Cyberangriffen
– Reifendrucküberwachungssystem
– Spurhaltewarnsystem
– Hochentwickelter NotbremsassistentFür die Neuzulassungen werden die Bestimmungen nach technischer Entwicklung angepasst. So wird ab 2026 eine neuere Version der Müdigkeitserkennung Pflicht. Ab 2029 müssen auch Lkw einen Unfalldatenschreiber haben (bei Autos schon Pflicht).
DVK